Pia, Du spielst die Elisabeth, dieses Mal in Essen, warum nochmal "Elisabeth"?
"Diese Rolle hat wahnsinnig viel in sich, man kann noch so viel entdecken und ich weiss noch, wie ich mit 28 Jahren angefangen habe, habe ich gewisse Erfahrungen gehabt und gemacht, aber nicht so richtig, wie soll ich sagen...ich war noch sehr jung in der Rolle und hab angefangen damit und war überwältigt von dieser Rolle, was dazu kam, die Fans, PR, was die Rolle an sich hat, was ich auf der Bühne darstellen muss und darf und das ist wahnsinnig viel. Ich bin ein Mädchen von zehn und werde eine Frau von 61 und dazwischen soll ich alles zeigen, meine Sehnsüchte, meine Stimmungen, meinen Kampf, meine Leere, meine Krankheit, also alles, meine Fröhlichkeit auch am Anfang und wenn man das so entdeckt in den ersten zwei Jahren, dann merkt man einfach, man braucht ein Break, einfach mal weg und wie mir dann angeboten wurde, das nochmal in Holland zu spielen, hab ich gedacht, ich muss das nochmal machen, ich hab inzwischen soviel Erfahrung gemacht und so viel neue Ideen über die Rolle bekommen und hab mich auch selber geändert und wie ich die gespielt hab dann in Holland hab ich gemerkt, mein Gott, ich bin gewachsen, ich bin erwachsen und die Rolle ist mit mir gewachsen und das war so ein tolles Ergebnis und ich hab mich so gefreut, dass ich gedacht hab, wie sie mir wieder in Essen angeboten wurde, ich muss es einfach nochmal machen."

Ich denk mir mal, es ist gar nicht so leicht, diese Verwandlung, die Du gerade angesprochen hast, mitzumachen, von einer jungen Frau bis zu einer 61-jährigen. Man verwandelt sich ja nicht nur in Form der Maske und des Konstüms.
"Die Stimme wächst mit, man versucht am Anfang nicht zu kindlich zu sein, sonst glaubt man´s nicht mehr aber halt leicht und ein bisschen heller und dann so langsam mit ihren Schmerzen, wie sie sich dann mit ihren Schmerzen auseinandersetzt, wird die Stimme auch schmerzhafter und stärker und dann kommt sie auf ne Ebene, wo sie ihre Schönheit entdeckt und stark dasteht und dann auch die Stimme schärfer wird mehr gebeltet wird und dann wird sie langsam erwachsener, ein bisschen dunkler, ein bisschen gehauchter, wie sie dann älter wird und auch ein bisschen so, nicht verrückt, aber in eine ganz eigene Welt kommt, in eine esotherische Welt, und wie sie dann ganz alt ist, eher klassisch, weil es das Altertum auch darstellt. Körperlich ist es genau das gleiche, als Kind nicht zu kindlich aber einfach locker, ein bisschen unbeholfen und dann das Zusammenreissen von der Elisabeth und dann dieses scharfe, genau wissen, was sie will. Der Körper steht da, so wie ihr Wille und dann dieses älter werden."

Muss man sich, wenn man diese Rolle auf der Bühne spielt, auch mit dem Leben von Kaiserin Sissi beschäftigen, muss man sich damit auseinandersetzen?
"Ja, absolut. Ich hab natürlich damals in Wien Bücher gelesen, Fotos haben mir wahnsinnig geholfen, man kann soviel sehen in den Fotos. Augen vor allem. Ihre Augen waren manchmal so leer und manchmal auch nicht und das sagt viel aus. Ich hab die Schauplätze gesehen, Schönbrunn, die Hofburg, Bad Ischl, Mayerling und so weiter und da kann man sich auch viel vorstellen. Ihre Gedichte habe ich, nicht alle, aber die meisten hab ich gelesen. Ich glaube, das ist auch alles, was man tun kann, weil man kennt ja die Frau nicht, man kann sich nur vorstellen, wie sie sich gefühlt hat."
Wie gefällt Dir denn die neue Inszenierung hier in Essen im Gegensatz zu Scheveningen oder Wien?
"Wien war fantastisch, wirklich fantastisch! Harry Kupfer hat genau gewusst, was er wollte, der hat das Stück in sich gelebt, erlebt und hat das rübergebracht, hat mir wahnsinnig geholfen auch, weil ich natürlich ganz jung war, noch nicht wusste, wie ich das angehen sollte und hat mir wirklich Schritt für Schritt mitgeholfen. Aber es war natürlich auch sehr in einem Rahmen und stiliert. Es war sehr abstrakt manchmal und dadurch haben manchmal die Gefühle zwischen Menschen oder Gefühle von mir selber nicht immer Platz gehabt auch dadurch, dass ich selber noch nicht wusste, wie ich das vermitteln sollte. Ich bin sehr gewachsen in Wien, trotzdem hab ich in Holland, weil die Inszenierung sich geändert hatte, viel mehr menschliches von Elisabeth zeigen können, ich hab ne ganz andere Auseinandersetzung gehabt mit dem Tod, mit Franz-Joseph, mit meinem Sohn und dadurch die Chance bekommen, die Rolle noch runder, noch reifer zu machen und trotzdem diese Abstraktheit von Wien zu behalten und da hat Essen dazu beigetragen, weil Essen eine Verbindung ist zwischen Holland und Wien. Also im Prinzip kann ich in Essen jetzt das Beste zeigen."

Wie hat das damals bei Dir eigentlich angefangen? Wie bist Du zur Musical-Darstellerin gekommen?
"Tja, ich wollte eingentlich Schwester für geistig behinderte Kinder werden und war ganz überzeigt davon, bis ich irgendwann mal in einer Disco getanzt habe und gedacht habe, oh Gott, ich will eigentlich tanzen und bin nach England gefahren und hab dort die "Yellow Pages" aufgeschlagen und hab sieben Schulen rausgeholt und bin vorbeigegangen und hab Informationen geholt und hab geguckt wie es ausssieht und bei einer Schule bin ich hängengeblieben, die haben mich angeschaut, haben so geschaut, hat gute Füsse, kannst du Audition machen, ich hatte gerade meinen Fuss verstaucht, unglaublich, aber es ist wirklich wahr, aber ich war so begeistert, ich wollte so unbedingt, dass die mich einfach angenommen haben. Die haben mich angenommen und ich hab wirklich von Grund auf alles gelernt in zweieinhalb Jahren, Tanzen. Singen ist erst gekommen ein Jahr später, wie ich dann in Österreich einen Musicalkurs mit Susi Nikoletti und Sam Cane gemacht hab. Susi Nikoletti ist vielleicht bekannt, ist eine grosse Schauspielerin, und da hab ich dann alles gemacht, Steppen und Schauspiel und Gesang. Es war nur einen Monat aber ich hab gedacht, ich will alles mal ausprobieren,
ob ich das schön finde, hab dann mit Singen angefangen und dann hat Sam Cane gesagt, du musst unbedingt weitermachen damit, das liegt dir. Ja, dann hab ich so langsam angefangen, hab meinen ersten Job in Wien gehabt, in "A little shop of horrors", eine der drei Mädchen und hab so ganz langsam Karriere gemacht, manchmal ganz eigenartige Sachen, ich war Tänzerin in einer Travestieshow, "Sammy und Mario", hier in Deutschland hab ich das gemacht, war Swing in "Cats" und hab so langsam den Aufstieg gemacht, bis ich dann "Elisabeth" in Wien bekommen habe und das war mein Durchbruch."
Ist denn der Durchbruch auch die Traumrolle?
""Elisabeth" ist eine absolute Traumrolle von mir. Es gibt aber noch mehrere, es gibt nicht nur eine Rolle im Leben, es gibt manchmal schon ein Rolle, womit man total identifiziert wird und wo man selber auch das Gefühl hat, ich kenne diese Frau, ich bin so verbunden innerlich mit dieser Frau, dass sie zu mir gehört. Also ich gehör´ nur mir, sie gehört nur mir und ich gehör´ nur ihr. Es gibt aber auch noch Rollen so wie Sally Bowles und Fantine "Les Misérables", die absolut in mein Herz geschlossen sind."
"Elisabeth" wird ja auch in Japan gespielt. Wäre das auch mal was?
"Nein! Hahaha! Weil das die Japaner machen, das ist ja der Reiz von Japan, dass die das machen, erstmal nur die Frauen, die lieben Sissi, das ist eine Göttin für sie. Und wenn das nur Frauen machen, das ist ja ganz speziell, jetzt machen das Männer und Frauen und ich könnte da ja nie mitmachen. Man würde mir sogar eine japanische Elisabeth nicht abnehmen in Japan."
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